Was ist Nature Journaling?

Was ist Nature Journaling?

Die Natur zeichnen – Was ist Nature Journaling?

Den Begriff Journaling kennst du vielleicht. Dabei geht es darum, ein Tagebuch zu führen und eigene Erlebnisse und Gedanken niederzuschreiben.

Ein Nature Journal legt dabei den Fokus ganz speziell auf Naturerlebnisse und -Beobachtungen. Es geht um dein individuelles Erleben deiner Umgebung und darum, Zusammenhänge in der Natur zu verstehen. Du nimmst dir fernab aller Alltagspflichten Zeit für dich selbst, um intensiv deine Umwelt wahrzunehmen.

Dabei zeichnest du die Natur so, wie du sie siehst, und notierst zusätzlich deine Beobachtungen sowie Fragestellungen, die dir dazu in den Sinn kommen. Daraus ergibt sich dein eigenes Naturtagebuch mit deinen persönlichen Natur-Highlights. Worauf du dabei den Schwerpunkt legen möchtest, wählst du individuell. Ob du dich beispielsweise auf Vögel, Säugetiere, Pflanzen oder Pilze oder einen Mix aus alldem konzentrieren möchtest, liegt ganz bei dir.

Du kannst auch einen bestimmten Lebensraum wie den Wald, eine Wiese, eine Heiden- oder eine Seenlandschaft für dein Naturtagebuch auswählen und jeweils verschiedene Aspekte daraus unter die Lupe nehmen.

Was ist das Besondere am Nature Journaling?

Wenn du Naturerlebnisse festhalten möchtest, kannst du das natürlich mit Fotos tun. Beim Zeichnen entwickelst du allerdings eine noch wesentlich intensivere Beziehung zu dem, was du betrachtest, denn du beschäftigst dich sehr viel genauer mit Strukturen, Erscheinungsformen, Farben und Fundstellen. Du widmest zudem beim Zeichnen alle deine Gedanken vollständig deinem Objekt und deinem eigenen Tun. Das tut auch der Seele gut. Im Nachhinein wirst du dich beim Durchblättern deines Naturtagebuchs genau an die Umstände erinnern können, unter denen die Zeichnungen entstanden sind, einfach weil du mit deinen Gedanken so sehr bei der Sache warst.

Dadurch, dass du dich auf jedes einzelne Detail konzentrierst, lernst du zudem unheimlich viel über die Tier- und Pflanzenwelt, über die Morphologie von Pflanzen und die Anatomie von Tieren. Nach einer Weile werden dir Dinge sofort ins Auge fallen, die du zuvor gar nicht wahrgenommen hast. Und du wirst die natürlichen Zusammenhänge verstehen und beispielsweise Parallelen zwischen verschiedenen Pflanzengattungen entdecken. Ähnlich geformte Blätter und ähnlich aufgebaute Blüten zum Beispiel. So lernst du durch das Zeichnen, genauer hinzusehen, Details zu beobachten und in die Natur einzutauchen.  

Zudem ist es in unserem digital geprägten Alltag unheimlich befreiend, etwas analog zu unternehmen und selbst mit den eigenen Händen zu erschaffen. Das Betasten deines Objektes, die Haptik von Papier, das Experimentieren mit Farben und Materialien und die unmittelbaren Ergebnisse des eigenen Tuns machen das Erlebnis sehr intensiv. Du trittst in eine direkte Verbindung mit der Natur und damit auch mit dir selbst. Kosten fallen dafür fast keine an, denn du brauchst nicht viel. Dazu unten mehr.  

Wie beginne ich mit meinen Naturzeichnungen?

Der einfachste und gleichzeitig beste Tipp, um die Natur zu zeichnen, ist der, einfach damit loszulegen. Leistungsdenken ist hier gar nicht nötig; deine eigene Art, die Natur zu zeichnen, wird sich mit der Zeit von ganz allein entwickeln. Die Skizzen müssen also keineswegs „perfekt“ sein, denn sie selbst sind nicht das Ziel des Nature Journalings, sondern eher das Werkzeug dafür. Greife daher am besten so häufig und so unbeschwert wie möglich zu Stift und Papier.

Durchgestrichene Wörter, unvollendete Zeichnungen und mehrere Anläufe für ein und dasselbe Zeichenobjekt sind übrigens vollkommen ok und gehören unbedingt dazu! Denn du sollst dich selbst in deinem eigenen Naturtagebuch nicht zensieren und stattdessen spontan und frei heraus aufschreiben und zeichnen dürfen.

Am leichtesten wirst du zu Beginn diejenigen Dinge zeichnen können, die dich von sich aus ansprechen. Es hat einen Grund, dass sie dir ins Auge gefallen sind, dadurch hast du bereits eine Beziehung zu deinem Objekt. Das Zeichnen wird dir einfacher von der Hand gehen und dir mehr Spaß machen. Lasse dich also bei deinem nächsten Naturspaziergang darauf ein und lass dich davon überraschen, was dich anzieht – genau damit kannst du beginnen.

Welche Orte sind für den Einstieg geeignet?

Am schönsten ist es, direkt draußen zu zeichnen. Dort wirst du dich deinem Tun am stärksten verbunden fühlen, weil dich im Gegensatz zu deinem Zuhause keine Alltagspflichten ablenken. Dennoch kannst du dir auch Fundstücke aus der Natur mit nach Hause nehmen, um sie dort zu zeichnen, wie heruntergefallene Eicheln und Kastanien, einzelne Blätter oder Blüten sowie herabgefallene Zweige.

Wenn du dich direkt im Freien ans Zeichnen machen möchtest, wähle am besten einen Ort, den du regelmäßig und ohne größeren Aufwand aufsuchen kannst. Das macht es dir leichter, in dieses schöne Hobby einzusteigen und regelmäßig Zeit mit deinem Nature Journal zu verbringen.

Örtlich gibt es vielfältige Möglichkeiten. Günstig ist es, wenn etwas Ruhe um dich herum herrscht und eine gewisse Abwechslung und Vielfältigkeit in der Natur zu beobachten ist. Ein Wald bietet viel Raum für deine Natur-Zeichnungen, genauso aber auch eine üppige Wiese, ein Seengebiet oder auch ein Stadtpark. Wichtig ist, dass du dich an deinem Ort wohlfühlst und Dinge entdeckst, die deine Neugierde wecken.

Welche Motive lassen sich einfach zeichnen?

Tiere verharren selten lange genug an einer Stelle, um sie ohne ausreichende Übung direkt vor Ort zeichnen zu können. Natürlich kannst du sie fotografieren und anschließend zu Hause zeichnen. Intensiver ist dein Erlebnis aber, wenn du direkt draußen zeichnest. Daher eignen sich als Einstieg in das Nature Journaling statische Motive wie Pflanzen, herabgefallene Blätter oder Eicheln. Hier kannst du dir genug Zeit lassen, um dein Motiv und seine Details nach und nach zu erfassen. Auch die Zeichnung von Tierspuren kann dir auf diese Art gut gelingen. Nach einer gewissen Zeit wirst du auch Spaß an bewegten Objekten finden.

 

Nature-Journaling-Singdrossel

Was immer dich neugierig macht, nimmst du als Vorlage für deine nächste Zeichnung. Bei mir war es hier die Singdrossel.

 

Welche Jahreszeit eignet sich für das Nature Journaling?

Jede Jahreszeit hat Spannendes zu bieten, das sich lohnt, unter die Lupe zu nehmen. Im Frühling kannst du die unterschiedlichen Knospen festhalten, im Sommer Blüten und Insekten, im Herbst Früchte und Samen überall und im Winter spannende Astverzweigungen in den Baumkronen. Die Natur sorgt immer für abwechslungsreiche Motive, wenn wir dafür offen sind.

Welche Tipps gibt es für das Natur-Zeichnen an sich?

Wenn es in die Praxis geht und du dein Objekt ausgewählt hast, lasse es erst einmal als Ganzes auf dich wirken und erfasse danach die einzelnen Details.

Nachdem du dir dein Motiv genau angesehen und es auf dich wirken lassen hast, mache eine erste, ganz simple Skizze davon. Gib dir selbst dafür nur wenige Sekunden Zeit, um nicht ins Zögern zu verfallen. Setze dabei den Stift möglichst nicht ab und verharre mit deinem Blick nur auf deinem Zeichenobjekt, nicht auf dem Papier. In diesem Schritt geht es nur darum, ein Gefühl für die Formen und Größenverhältnisse deines ausgewählten Motivs zu bekommen.

Falls du ganz neu in das Nature Journaling einsteigst, kannst du diesen Schritt mehrfach wiederholen, jeweils mit ein paar Sekunden mehr Zeit. Bei jedem Schritt nimmst du dabei mehr Details in deine Zeichnung auf. So näherst du dich deinem Motiv immer weiter an und verlierst zugleich die Scheu vor dem Zeichnen.

Du zeichnest dabei die herausstechenden Eigenschaften deines Motivs, bei einem Blatt beispielsweise die Blattform – ist sie herzförmig oder oval? Wie verteilen sich die Blattadern? Sind die Ränder glatt oder gezähnt? Wie sieht der Blattstiel aus?

Danach kannst du dich den Details wie Farben und Oberflächenbeschaffenheit widmen und auch sie festhalten.

Was gehört zusätzlich zu meiner Zeichnung in mein Naturtagebuch?

Für eine bessere Vergleichbarkeit deiner Zeichnungen und um damit die Veränderungen in der Natur um dich herum nachvollziehen zu können, lohnt es sich, für jede Zeichnung den genauen Ort, das Datum und die Witterungsbedingungen zu erfassen. Zudem ist eine Beschreibung der Umgebung aufschlussreich. So hast du einen Rahmen für deine Zeichnung und dein Motiv.

Beschreibe auch die Details, die du feststellst. Auch scheinbar selbstverständliche Einzelheiten wie die Farbe von Blüten oder Insekten, denn dadurch werden dir im Zeitverlauf Unterschiede und Gemeinsamkeiten deutlicher auffallen. Stelle dir selbst Fragen. Warum sind die Dinge, die du siehst, so, wie sie sind? Welchen Zweck könnten sie haben? Und warum tauchen sie an unterschiedlicher Stelle in der Natur in ähnlicher Weise auf? Warum verhält sich dein beobachtetes Tier so, wie es das getan hat? Welche Reaktionen hat es aus welchem Grund gezeigt? Warum wächst ein und dieselbe Pflanzenart an unterschiedlichen Stellen unterschiedlich kräftig? Ist vielleicht die Konkurrenz mit anderen Pflanzen besonders hoch? Wächst die Pflanze an einem schattigen Standort? Ist es trocken? Deiner Neugierde freien Lauf zu lassen, wird dir unheimlich viele Erkenntnisse über die Natur um dich herum liefern.

Darüber hinaus kannst du Fundstücke wie gepresste Kräuter und Blätter in dein Nature Journal aufnehmen. Du kannst Erlebnisse und Beobachtungen vor Ort niederschreiben und Fotos einkleben. Bei der Frage, ob du Blüten pflücken oder andere Pflanzenteile entnehmen darfst und solltest, lass dich am besten von deinem Gefühl leiten. Finden sich an deinem Standort zahlreiche Exemplare derselben Art, ist der Verlust einer einzelnen Blüte für die Natur leichter zu kompensieren, als wenn es dort ohnehin schon wenige Blüten gibt. Im zweiten Fall genügt vielleicht auch ein Foto, falls du nicht vor Ort zeichnen kannst.

Welche Ausstattung benötige ich?

Deine Ausstattung muss nicht teuer sein. Für den Einstieg brauchst du nicht mehr als ein Notizbuch und einen Bleistift. Damit kannst du schon loslegen und deine ersten Beobachtungen zeichnen. Möchtest du tiefer einsteigen und ein wenig experimentieren, lohnt es sich, Bleistifte verschiedener Härtegrade, Buntstifte oder Aquarellfarbe anzuschaffen. Für die Aquarellmalerei brauchst du entsprechend dickeres Aquarellpapier. Falls du Fotos einkleben möchtest, die dir als Vorlage dienen oder die zusätzliche Beobachtungen festhalten sollen, besorge dir Fotoecken oder Fotokleber. Klebestreifen helfen dir, kleinere Andenken aus der Natur wie gesammelte Blätter oder Blüten in dein Naturtagebuch aufzunehmen.

Für das Nature Journal an sich lohnt es sich, ein eher handliches Format zu besorgen, das du regelmäßig mit dir führen kannst – DIN A5 Größe ist hier eine gute Wahl. So kannst du dir auch unerwartet Zeit nehmen, wenn du unterwegs etwas siehst, das du festhalten möchtest, da du dein Journal einfach aus der Tasche zaubern kannst.

Fazit für dein Nature Journal:

Wenn du es dir beim Zeichnen einfach und leicht machst und deiner Neugierde folgst, wirst du viel häufiger zu deinem Natur Journal greifen, als wenn du mit einem Erwartungsdruck herangehst. Dein eigener Stil wird sich entwickeln und du kannst diesen Verlauf in deinem Journal nachvollziehen, wenn du es durchblätterst. Später wirst du vielleicht eine ganze Sammlung deiner eigenen Naturzeichnungen haben. Und die vielen Facetten der Natur wirst du dabei von ganz allein und voller Freude entdecken.

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